Dortmund, 16. Februar 2021 (LJV NRW). Der LJV hat über den Einsatz von Nachtsichttechnik bei der nächtlichen Schussabgabe in seinen Gremien lange diskutiert und seine Positionierung ausführlich erörtert, da die Haltung zu dieser Technik unter den Jägern verschieden ist. Schließlich hat sich der LJV, insbesondere unter den Aspekten der ASP-Prophylaxe, dafür ausgesprochen, eine jagdrechtliche Regelung auch in NRW einzufordern. Diese sollte gem. den aktuellen waffenrechtlichen Möglichkeiten auch den Einsatz zulässiger Wärmebildgeräte und die Möglichkeit diese Technik bei der Pirsch einzusetzen umfassen.
Mit Inkrafttreten einer Änderung der ASP-Jagdverordnung NRW am 30.1.2021 ist das Land NRW dieser Forderung in Teilen nachgekommen, indem es in bestimmtem Umfang den Einsatz von künstlichen Lichtquellen und Nachtsichtgeräten für die Bejagung von Schwarzwild zulässt. Dies war der schnellste Weg, notwendige jagdrechtliche Regelungen zum Einsatz dieser Technik zu treffen, hatte aber auch zur Folge, dass die Regelungen nur für die Bejagung des Schwarzwildes gelten konnten. Der neue § 2 der ASP-Jagdverordnung NRW lautet wie folgt:
„§ 2
Maßnahmen zur Prävention gegen die Afrikanische Schweinepest
Abweichend von § 19 Absatz 1 Nummer 5 Buchstabe a des Bundesjagdgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 29. September 1976 (BGBl. I S. 2849), das zuletzt durch Artikel 291 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328) geändert worden ist, ist die Verwendung von künstlichen Lichtquellen sowie von Nachtsichtaufsätzen und Nachtsichtvorsätzen (Dual-Use-Geräte) für Zielfernrohre, die eine elektronische Verstärkung besitzen, für die Bejagung von Wildschweinen zulässig. Die waffenrechtlichen Bestimmungen sind zu beachten und bleiben von dieser Regelung unberührt.
Eine Schussabgabe ist nur von erhöhten Ansitzen und auf eine maximale Distanz von 100 Metern zulässig.“
Die Landesregierung begründet die Einführung dieser Regelung und die darin getroffenen Einschränkungen gegenüber den Regelungen des Waffengesetzes und den jagdrechtlichen Vorgaben anderer Bundeländer in der Sache wie folgt:
„Gemäß dem Landtagsbeschluss vom 27. November 2020 Drucksache 17/11846 soll die Zulassung von Nachtzielgeräten und künstlichen Lichtquellen für die Jagd analog zu anderen Bundesländern auf dem Verordnungswege schnell und rechtssicher umgesetzt werden. Zu diesem Zwecke wird die Verordnung über die Anwendung besonderer jagdlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest ergänzt.
Durch das Auftreten der ASP in Brandenburg und Sachsen ist es notwendig geworden, die Präventionsmaßnahmen zur Abwehr der ASP zu verstärken. Hierzu zählt auch die Zulassung von künstlichen Lichtquellen und Nachtsichtgeräten zur verstärkten Bejagung von Wildschweinen. Eine verstärkte Bejagung, verbunden mit einer Reduktion der Wildschweinbestände, kann zu einer deutlichen Absenkung der Infektionsgefahr beitragen.
Durch die Erweiterung der ASP-Jagdverordnung werden künstliche Lichtquellen sowie Nachtsichtgeräte nur in Form von Nachtsichtvorsätzen und Nachtsichtaufsätzen, die Restlicht verstärken und ohne eigene Montageeinrichtung mittels Adapter an Zielfernrohren befestigt werden (Dual-Use-Geräte), für die Bejagung von Wildschweinen durch alle Jägerinnen und Jäger im Rahmen der gültigen waffenrechtlichen Regelungen zugelassen. Demnach ist die Verbindung von künstlichen Lichtquellen und Infrarotstrahlern mit der Schusswaffe zurzeit noch nicht zulässig.
Künstliche Lichtquellen sowie Nachtsichtvorsätze und Nachtsichtaufsätze für Zielfernrohre werden für die Bejagung von Wildschweinen durch alle Jägerinnen und Jäger mit einem gültigen Jagdschein im Rahmen der gültigen waffenrechtlichen Regelungen zugelassen. Die Terminologie wurde aus dem Waffengesetz, § 40 Absatz 3 i.V.m Anlage 2 Abschnitt 1 Nummer 1.2.4.2 übernommen.
Da im Umgang mit Nachtsichtgeräten bei der Jagdausübung nur wenig Erfahrung vorliegt, muss insbesondere Nordrhein-Westfalen mit seiner dichten Besiedlung auf Sicherheitsaspekte achten. Nachtsichtgeräte mit Bildwandler wandeln das für den Menschen nicht sichtbare Infrarotlicht in sichtbares Licht um (Wärmebild). Diese künstlichen Bilder können der Schützin oder dem Schützen eine trügerische Sicherheit vortäuschen, die Hindernisse im Vordergelände oder einen nicht ausreichenden Kugelfang im Hintergelände nicht hinreichend bestimmt erkennen lassen. Diese Geräte eignen sich hervorragend für die Lokalisierung und Identifizierung von Wild, aber nicht für die Schussabgabe in einem dichtbesiedelten Raum. Zur Eindämmung möglicher Gefahren werden Geräte mit Bildumwandler für die Schussabgabe daher nicht zugelassen. Zur Erhaltung der Sicherheit wird die Schussabgabe begrenzt und ist nur von erhöhten Ansitzen aus und auf eine maximale Distanz 100 Metern zulässig.
Die Verwendung von künstlichen Lichtquellen und Infrarotstrahlern ist aufgrund der waffenrechtlichen Beschränkung zurzeit nur zulässig, wenn sie nicht mit der Schusswaffe verbunden werden.“
Für NRW bedeutet dies in Kürze folgendes:
- Taschenlampen oder Infrarotstrahler dürfen wegen der waffenrechtlichen Regelungen nicht mit der Waffe/dem Zielfernrohr verbunden werden. Schwarzwild darf nur mit ihnen angeleuchtet werden, wenn sie zum Beispiel auf einem separaten, von der Waffe getrennten Stativ oder am Ansitz befestigt werden.
- Geräte, die auf Wärmebildtechnik basieren sowie digitale, restlichtverstärkende Nachtsichtgeräte mit Bildwandlern, sind für die Schussabgabe verboten.
- Nachtsichtvor- und Nachtsichtaufsätze die das Bild mittels einer elektronischen Verstärkung aufhellen dürfen auch für die Schussabgabe eingesetzt werden. Auch diese dürfen keine an- oder eingebauten Infrarotstrahler haben. Auch nicht, wenn diese nicht eingeschaltet werden.
- Nachtsichtvor- und Nachtsichtaufsätze dürfen nur mittels Adapter an das Zielfernrohr montiert werden.
- Geräte mit eigener Montageeinrichtung und/oder einem integrierten Absehen sind unzulässig.
- Der Einsatz dieser Technik ist nur für die Bejagung von Schwarzwild, nicht für die von Raubwild zulässig. Auch das Nachtjagdverbot auf die übrigen Wildarten gilt weiterhin.
- Die Schussabgabe mit der zulässigen Technik ist nur von erhöhten Ansitzeinrichtungen auf eine maximale Distanz von 100 Metern zulässig. Die Schussabgabe bei der Pirsch in Verbindung mit dieser Technik ist unzulässig.
Die baldig erwartete Änderung des Bundesjagdgesetzes wird auch in Sachen Nachtsichttechnik Regelungen treffen. Darin sollen dann auch weitere, bis jetzt in NRW nicht zulässige Nachtsichtvor- und Nachtsichtaufsätze (ausgenommen solche mit eigenem Absehen) sowie der Einsatz von Infrarotstrahlern und anderen künstlichen Lichtquellen in Verbindung mit der Waffe zugelassen werden. Auch die Erlegung invasiver Arten wie Waschbär und Marderhund mittels der zulässigen Nachtsichttechnik sollen dann ermöglicht werden. Diese Änderung des Bundesjagdgesetzes wird dann auch in NRW für eine weitere Änderung der Rechtslage sorgen können.
Begrifflichkeiten in Kürze erklärt:
Infrarotstrahler geben für das Auge unsichtbares Infrarotlicht ab. Dieses wird von angestrahlten Objekten reflektiert, von restlichtverstärkenden Nachtsichtgerät erkannt und von ihnen in ein sichtbares Bild umgewandelt. Sie ermöglichen so die Aufhellung des Bildes.
Restlichtverstärker ermöglichen die Nachtsicht, indem sie das wenige nachts sichtbare Licht zur Aufhellung des Bildes verstärken oder Infrarotlicht in sichtbares Licht umwandeln.
Wärmebildgeräte erfassen die zum Beispiel vom Wildkörper ausgehende Wärmestrahlung und wandeln diese in ein Bild um.
Nachtsichtaufsatz- und Nachtsichtvorsatzgeräte werden an das Okular bzw. vor das Objektiv der Tageslichtoptik (z. B. Zielfernrohr) gesetzt. Zu den Vorsatzgeräten gehören auch solche, in NRW nicht zulässigen Geräte, die nicht an der Optik befestigt werden, sondern unmittelbar auf der Waffe (z.B. auf einer Picatinny-Schiene).
Dual-Use-Geräte sind solche Restlichtverstärker (oder Wärmebildgeräte), die zur Beobachtung sowie in Verbindung mittels eines Adapters mit einer Tageslichtoptik (z. B. Zielfernrohr) zur Schussabgabe benutzt werden können.